StartseiteKunsttransfer unter Zwang von der Spätaufklärung bis zur Spätromantik Frankreich, Deutschland, Polen)
Kunsttransfer unter Zwang von der Spätaufklärung bis zur Spätromantik Frankreich, Deutschland, Polen)
Transferts artistiques sous contrainte des Lumières tardives au romantisme (France, Allemagne, Pologne)
Artistic transfer and the constraints of the late Enlightenment and Romantic periods in France, Germany and Poland
Veröffentlicht am mardi, 05. juillet 2016
Zusammenfassung
Anstatt Kulturen in einem nationalbegrenzten Rahmen zu analysieren, hat die Kulturtransferforschung die Existenz eines gemeinsamen kulturellen Erbes und eines regen Kulturaustauschs betont und dazu angeregt, die daraus resultierenden „kulturellen Mischungen“ zu bedenken (Michel Espagne). Wegen ihrer zahlreichen Ortswechsel eignen sich Kunstwerke und Kunstobjekte, dramatische und musikalische Werke, aber auch das Leben der Künstler, für die Analyse dieser Verstrickungen, kulturellen Umwandlungen, Übertragungen und wechselseitigen Hybridisierung der Kulturen. Diese Journées d‘étude, die am 10. und 11. März an der Universität Aix-Marseille (AMU) stattfinden werden, haben ihren thematischen Schwerpunkt im Kunsttransfer während der Sattelzeit und knüpfen insbesondere an den neuen Ergebnissen über „Kunstkonfiszierungen und kulturelle Annexionen“ an (Bénédicte Savoy).
Inserat
Präsentation
Die Französische Revolution und das napoleonische Reich haben alle deutsche Territorien erschüttert, jedoch in sehr unterschiedlichem Ausmaß (Okkupierung des linken Rheinufers und eines großen Teils des Nord-Westens des Heiligen Römischen Reiches, kurzweilige Besetzung Preußens und Österreichs, Zusammenbruch des Reiches nach der Gründung des Rheinbundes und der Bildung von „Modellstaaten“ wie das Großherzogtum Berg oder das Königreich Westphalen). Beinahe simultan verlaufen im Osten Europas die polnischen Teilungen von 1772 und 1793, bis schließlich der polnische Staat nach der dritten Teilung 1795 aufgelöst wird. Diese Gebiete fallen den Nachbarstaaten Preußen, Österreich und Russland zu, bis Napoleon, nach der Eroberung der preußischen Teilungsgebiete 1807, das kurzlebige Herzogtum Warschau gründet. Die Wiederherstellung der polnischen Monarchie unter russischer Kontrolle 1815, das Scheitern der Revolution von 1830 und die zunehmende Russifizierung des Landes führen viele Polen, und darunter viele Künstler, ins Pariser Exil.
Auf Grund dieses geographischen und zeitlichen Rahmens setzen sich diese Journées d‘étude zum Ziel, über den bilateralen Kulturaustausch hinaus, trianguläre und multipolare Konstellationen im interdisziplinären Austausch zu analysieren. Es wird auch nötig sein zu berücksichtigen wie Transfer unter Zwang entsteht. Krieg und Okkupation bringen zwangsläufig eine Zunahme von Berührungspunkten mit sich, von denen eine hohe Transferintensität zu erwarten ist. Aber der Krieg und die Zensur haben die Beschlagnahmung von Kunstwerken, das Exil mancher Künstler sowie eine Veränderung der künstlerischen Programme und Spielpläne zur Folge gehabt, bevor der Besatzer, sei es durch Raub oder Schenkungen, weitere Deplatzierungen und Modifizierungen erzwingt. Die politische Lage wirft darüber hinaus die Frage nach dem kulturellen Wandel mancher Akteure auf, ihrem Umschwenken auf die nationale Perspektive während andere zum Teil noch vom Kosmopolitismus geprägt sein werden. Dabei wird die Akzeptanz der Importe, die Abwehr bis hin zur Ablehnung derselben zu untersuchen sein. Brüche, zeitliche Verschiebungen und Kreativität bei der Neubewertung bestimmter Sachverhalte oder Objekte werden schließlich zu berücksichtigen sein.
Diese Journées d‘étude richten sich ins Besondere an Historiker, Kunsthistoriker, Musik- und Literaturwissenschaftler (Germanisten, Romanisten und Slawisten).
Themen
Folgende Schwerpunkte wären denkbar:
- Akteure: es kann sich um Künstler handeln, die zur Auswanderung gezwungen wurden, um Vermittler (Offiziere, Kunst-Kommissare, Mittler, Kunsthändler, Kunstexperte, Diplomaten) oder um Personen, die an der Restitution von konfiszierten Kunstwerken mitgewirkt haben. Wie wirkt sich das Exil auf die künstlerische Ausbildung und Produktion aus? Welche Netzwerke und welche individuellen Strategien (Vermittlungen, Ablehnungen, Kompromittierungen) sind zu verzeichnen?
- Objekte und Publikum: es kann sich hier um Verschleppung von Kunstwerken handeln, sowie um dramatische und musikalische Werke, die in einem besetzten Territorium inszeniert oder gespielt wurden. Wie verändern sich Privatsammlungen, Museumseinrichtungen und Programme im Zuge dieser Raubzüge und Okkupationsphasen? Ist dabei eine Entwicklung des Kunstkonsums zu beobachten? Dabei werden z.B. zeitgenössische Stellungnahmen von Publizisten, Schriftstellern oder Historikern zu berücksichtigen sein. So könnte untersucht werden, wie sich die Publikumsidentität wandelt zu einer Zeit, in der kulturelle Schauplätze sowohl ein Ort der Geselligkeit als auch Medium der Staatsideologie sind. Darüberhinaus könnte die Existenz eines transgenerationnellen Gedächtnisses dieser Transfers hinterfragt werden.
- Schauplätze: Ist eine Veränderung der bedeutenden kulturellen Zentren zu beobachten, eine Dynamik der Konzentration bzw. eine Abwehr von diesem „Modell“? Kann diese Politik zu einer Befreiung von der „frühneuzeitlichen Verhöflichung der Gesellschaft“ (Norbert Elias) beigetragen haben?
Vortragsvorschläge
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen sich mit einem Abstract von etwa 250 bis 300 Wörtern sowie einem kurzen Lebenslauf zu bewerben. Das Abstract ist bis zum
1. Juli 2016
an David Weber (david.weber@univ-amu.fr) und Florence Bancaud (florence.bancaud@univ-amu.fr) einzureichen.
Die Vortragssprache ist Deutsch oder Französisch.
Eine Veröffentlichung der Beiträge ist in der Fachzeitschrift Cahiers d’Etudes Germaniques geplant.
Falls Ihr Abstract für die Journées d‘étude nicht angenommen wird, wird Ihnen die Möglichkeit gegeben Ihren vollständigen Artikel den Herausgebern der Cahiers d’Etudes Germaniques anzubieten. Die eingereichten Beiträge werden in einem peer-review-Verfahren begutachtet.
Wissenschaftliches Komitee
Florence Bancaud (Aix-Marseille Université), Nicole Colin-Umlauf (Aix-Marseille Université), Stanislaw Fiszer (Université de Lorraine), Johannes Großmann (Eberhard Karls Universität Tübingen), Thomas Keller (Aix-Marseille Université), Dorothee Kimmich (Eberhard Karls Universität Tübingen), Bénédicte Savoy (Technische Universität Berlin).
Leitung
david.weber@univ-amu.fr
Kategorien
- Darstellung (Hauptkategorie)
- Zeitraum > Neuere und Zeitgeschichte > 19. Jahrhundert
- Erkenntnis > Darstellung > Kulturgeschichte
- Erkenntnis > Darstellung > Kunstgeschichte
- Zeitraum > Frühe Neuzeit > 18. Jahrhundert
- Zeitraum > Frühe Neuzeit > Französische Revolution
- Erkenntnis > Darstellung > Kulturelle Identitäten
- Erkenntnis > Darstellung > Architektur
Orte
- Aix-Marseille Université – Maison de la recherche - 29, avenue Robert Schuman
Aix-en-Provence, Frankreich (13621)
Daten
- samedi, 30. juillet 2016
Kontakt
- David Weber
courriel : david [dot] weber [at] univ-amu [dot] fr
Verweis-URLs
Informationsquelle
- David Weber
courriel : david [dot] weber [at] univ-amu [dot] fr
Zitierhinweise
« Kunsttransfer unter Zwang von der Spätaufklärung bis zur Spätromantik Frankreich, Deutschland, Polen) », Beitragsaufruf, Calenda, Veröffentlicht am mardi, 05. juillet 2016, https://calenda-formation.labocleo.org/372676