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Inszenierungen des Erbes im deutschsprachigen Raum

Mises en scène de l’héritage dans l’espace germanophone

Heritage staging in the Germanophone space

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Veröffentlicht am lundi, 09. décembre 2019

Zusammenfassung

Ziel dieses Forschungstages zum Forschungsgegenstand Erbe, ist zu hinterfragen, wie Erbe inszeniert wird, sei es im Bereich der Politik, der Literatur, der Kunst oder der Familie; und auch wie spezifisch diese Inszenierungen innerhalb des deutschsprachigen Raums sind. Die im Rahmen dieser Veranstaltung geführten Vorträge und Gespräche sollen es ermöglichen, den Begriff der Inszenierung in Frage zu stellen sowie die Vielfalt der Erbformen und deren Zusammenspiel im deutschsprachigen Raum zu unterstreichen. Diese Veranstaltung soll ein Anlass geben, ohne Epochenbegrenzung über die Vielfalt der Erbformen in dieser deutschsprachigen Diaspora nachzudenken.

Inserat

Präsentation

Ziel dieses Forschungstages der CREG-DoktorandInnen zum Forschungsgegenstand Erbe, ist zu hinterfragen, wie Erbe inszeniert wird, sei es im Bereich der Politik, der Literatur, der Kunst oder der Familie; und auch wie spezifisch diese Inszenierungen innerhalb des deutschsprachigen Raums sind. Die im Rahmen dieser Veranstaltung geführten Vorträge und Gespräche sollen es ermöglichen, den Begriff der Inszenierung in Frage zu stellen sowie die Vielfalt der Erbformen und deren Zusammenspiel im deutschsprachigen Raum zu unterstreichen.

Dieser Forschungstag bietet eine Gelegenheit des Dialogs zwischen ReferentInnen aus verschiedenen Disziplinen wie der Geschichtswissenschaft, der Neuphilologie, der Kunstgeschichte, der Übersetzungswissenschaft, der Geographie, der Philosophie, der Soziologie, der Anthropologie… Der Begriff „deutschsprachiger Raum“ soll hier, nicht nur die deutschsprachigen Länder – Deutschland, Österreich, die Schweiz, Liechtenstein – bezeichnen, sondern auch die Länder, wo Deutsch als offizielle Spache anerkannt ist – Italien, Belgien, Luxemburg – sowie alle Gebiete europa- und weltweit, in denen deutschsprachige Gemeinschaften gewohnt haben oder noch heute wohnen. Diese Veranstaltung soll ein Anlass geben, ohne Epochenbegrenzung über die Vielfalt der Erbformen in dieser deutschsprachigen Diaspora nachzudenken.

Hierzu können folgende thematische Schwerpunkte wertvolle Denkanstöße liefern:

  1. Mechanismen der Inszenierung: Adaption, Umwandlung, Vermittlung

Der Begriff Inszenierung setzt die Vorstellung des Übergangs, einer Anpassung, einer Umwandlung voraus. Inszenieren heißt, ein Narrativ darzustellen, es zum Ausdruck zu bringen: Es handelt sich um einen Akt der Kommunikation. In der Theaterwissenschaft wird Inszenierung als die Gesamtheit der zur Verfügung stehenden Mittel zum Aufbauen eines für ein Publikum bestimmten Werkes definiert. Diese Definition findet jedoch Anwendung über das Theater hinaus. Inszenierung impliziert eine Vorbereitung, eine Reflexion über die vermittelte Botschaft und die im Vorfeld getroffenen Entscheidungen. Dabei handelt es sich also weder um Spontaneität, noch um Zufall. Im Laufe dieses Adaptionsprozesses tragen politische, künstlerische, religiöse, kulturelle Dynamiken zur Umwandlungsarbeit bei. Inszenieren bedeutet auch, bisher Unsichtbares sichtbar zu machen, wie im Fall der explizit in die Bühnenpraxis umgesetzten Bühnenanweisungen. Die Inszenierung setzt andersartige Rezeptionsausrichtungen ein, welche also diese Adaptionsarbeit benötigen.

Ähnlich wie auf der Bühne, wo der Vorhang auf- und zugezogen wird, unterliegen andere Inszenierungsformen festen Vorschriften: Dieses gilt beispielsweise für die Präsidialansprachen, Prozesse, die Vernissagen… Die Inszenierung wird dann ein Ort der Ritualisierung. Solche Riten können das Inszenieren des Erbes beeinflussen, bzw. sich sogar noch wichtiger als das Erbe selbst erweisen. 

Es scheint also relevant, die Mechanismen, Strategien und Prozesse der Inszenierung von Erbe; in all ihrer Vielfalt, Elaboriertheit und Politisiertheit zu hinterfragen.

  1. SchauspielerInnen, RegisseurInnen, ZuschauerInnen: Zusammenspiele hinterfragen

Der Begriff Inszenierung setzt die Anwesenheit mehrerer Beteiligten auf, hinter und vor der Bühne voraus. Mit der Inszenierung gehen also Zusammenspiele, Austausche einher. Eine Mitwirkung gibt es immer mehr oder weniger, denn SchauspielerInnen und RegisseurInnen schaffen und „hantieren“ mit der Originalerzählung im Theaterstück oder im Film, um ihre eigene Inszenierung einzigartig zu machen. Die Inszenierung der politischen Figuren ist ebenso elaboriert: Bei der Auswahl der Kleidung, der Kampagnefarben, der Ausdrücke wird nichts dem Zufall überlassen.

Auch die ZuschauerInnen nehmen aktiv an der Inszenierung teil, denn ohne ZuschauerInnen gibt es, ja keine Aufführung, keine Rede, keine Rezeption. Eine ablehnende Reaktion auf eine besondere Art der Inszenierung kann dazu führen, dass Stücke in bestimmten Formen nicht mehr aufgeführt werden. Einige Personen, die nicht an der Inszenierung beteiligt sind, können auch eingreifen: In der Literatur können beispielsweise Nachfahren von AutorInnen die Adaption von Werken ihrer Vorfahren verweigern und dadurch jegliche Benutzung dieses Erbes verhindern.

 Die Infragestellung dieser Zusammenspiele ist insofern interessant, als sie selbst Fragen zum Status des Erbes und derjenigen aufwerfen, die es inszenieren.

  1. Interkulturalität und Intersubjektivität

Die verschiedenen Gedenkfeiern an das Ende des Ersten Weltkriegs liefern Beispiele dafür, wie die Staaten die Geschichte inszenieren. Sie entwickeln sich größtenteils ab der Periode kurz nach 1918 und ermöglichen zugleich ein offizielles Kriegsnarrativ und eine Rechtfertigung des Konfliktes, indem sie dessen moralische Gründe hervorheben. Die tragische, für die Überlebenden erarbeitete Inszenierung der Erinnerungsfeiern an den 11. November soll die Bevölkerung in ihrer Trauer um eine zeitliche Einheit – den 11. November –, eine räumliche Einheit – das Denkmal – und eine handlungsbezogene Einheit – die Gedenkfeier als solche – verbinden. Das aufeinanderfolgende Auftreten einer Kriegswitwe, von Eltern, die einen Sohn verloren haben, und eines Waisen am Grabmal des Unbekannten Soldaten erinnert an alle Trauernden der Nation.

Im besiegten Deutschland sind die Erzählung und die Inszenierung des Konflitkes anders. Nach der Demütigung des Versailler Vertrages und in Ablehnung der Niederlage feiert Deutschland seine Soldaten und lässt sie als Sieger defilieren. Das Narrativ nimmt den Schein eines fortgesetzten Krieges an, sodass sich andere Prozesse im Erbe des Konfliktes entwickeln, wie die von George Mosse formulierte „Brutalisierung“. Die Übernahme des Kriegserinnerungsnarrativs ermöglicht in beiden Fällen eine Verortung dessen Legitimität. Man kann feststellen, dass das Erbe – oder vielmehr dessen zahlreiche Instanzen – desselben Ereignisses sich je nach Erzähler unterscheiden[1].

Das Nichtvorhandensein eines Erbes kann ebenso inszeniert werden. Die Amerikanische Revolution stützt sich auf ein Bekenntnis zum Bruch mit Europas Erbe und Traditionen. Das Erbe „ist nunmehr das Eigentum der Söhne, die es ohne die Hilfe der Tradition […], die auf jedem Erben lastet[2], frei erfinden dürfen“: Es rührt nicht mehr von den Vorfahren her, sondern baut auf die Zukunft auf. „Unserem Erbe geht kein Testament voran[3]“, so René Char.

Diese thematischen Schwerpunkte sollen dazu anregen, weitere Problemstellungen, die an die Thematik des Forschungstages anknüpfen, zu formulieren.

Dieser Forschungstag richtet sich an DoktorandInnen aus verschiedenen Fachgebieten, deren Arbeitsschwerpunkt aber auf dem deutschsprachigen Raum liegt. Andere NachwuchsforscherInnen werden herzlich zur Teilnahme eingeladen, wenngleich Vorschlägen von DoktorandInnen der Vorzug gegeben wird. Die in deutscher oder französischer Sprache verfassten Beiträge sollen 20 Minuten dauern, worauf eine zehnminütige Diskussion folgen wird.

Einreichung

Allle Beitragsvorschläge müssen mit einer Zusammenfassung im Unfang von 300-400 Wörtern und einer kurzen Präsentation des Verfassers/der Verfasserin und dessen/deren Forschungsarbeiten bis zum 1. März 2020

an folgende Adresse geschickt werden: doctorants.creg@gmx.com

Der Forschungstag wird am Freitag, dem 12. Juni 2020 im Saal E412, Maison de la Recherche, Université Toulouse Jean Jaurès, 5 allée Antonio Machado, 31058 Toulouse stattfinden.

Die Kosten für die Mahlzeiten und Kaffepausen während des Forschungstages werden vom CREG für die TeilnehmerInnen übernommen. Die Transport- und Unterkunftskosten werden von den Forschungseinheiten der TeilnehmerInnen getragen werden müssen.

Organisationskomitee

Marion Garot, Tristan Kuipers & Solène Scherer, CREG - EA 4151, Université Toulouse Jean Jaurès

Wissenschaftliches Komitee

  • Jacques Lajarrige, CREG - EA 4151 - Université Toulouse Jean Jaurès
  • Christina Stange-Fayos, CREG - EA 4151 - Université Toulouse Jean Jaurès
  • Françoise Knopper, CREG - EA 4151 - Université Montpellier Paul Valéry
  • Hilda Inderwildi, CREG - EA 4151 - Université Toulouse Jean Jaurès
  • Elisabeth Kargl, CRINI - EA 1162, Université de Nantes

Notes

[1] Annette Becker, “Le culte des morts, entre mémoire et oubli”, Encyclopédie de la Grande Guerre. Tome II, Paris, Stéphane Audoin-Rouzeau, Jean-Jacques Becker (dir.), Perrin, collection “tempus”, pp. 745-762.

[2] Michel Imbert, Ada Savin, Introduction, Héritage(s)/Heritage, Revue Française d'Études Américaines, Paris, Belin, n°137, 2013/3, p. 5.

[3] René Char, Fureur et mystère, Feuillets d’Hypnos, feuillet 62 p.190.

Orte

  • Maison de la Recherche - Salle E412 - Université Toulouse Jean Jaurès - 5 allée Antonio Machado
    Toulouse, Frankreich (31)

Daten

  • dimanche, 01. mars 2020

Schlüsselwörter

  • espace germanophone, héritage, mise en scène, transmission

Kontakt

  • Solène Scherer
    courriel : solene [dot] scherer [at] univ-tlse2 [dot] fr
  • Marion Garot
    courriel : marion [dot] garot [at] univ-tlse2 [dot] fr
  • Tristan Kuipers
    courriel : tristan [dot] kuipers [at] univ-tlse2 [dot] fr

Informationsquelle

  • Solène Scherer
    courriel : solene [dot] scherer [at] univ-tlse2 [dot] fr

Zitierhinweise

« Inszenierungen des Erbes im deutschsprachigen Raum », Beitragsaufruf, Calenda, Veröffentlicht am lundi, 09. décembre 2019, https://calenda-formation.labocleo.org/713941

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