StartseiteKrieg und europäische Erfahrungen: Konvergenzen, Transferts und Öffentlichkeiten (1900–1950)

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Krieg und europäische Erfahrungen: Konvergenzen, Transferts und Öffentlichkeiten (1900–1950)

Guerres et expériences européennes : convergences, transferts et circulations (1900–1950)

War and experiences of European-ness: convergences, transfers and circulations (1900–1950)

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Veröffentlicht am mercredi, 28. janvier 2015

Zusammenfassung

Nationalgesellschaften agieren nicht im geschlossenen Raum. Die Verbreitung neuer Kommunikations- und Transportmittel im 19. Jahrhundert hat entfernte Regionen des europäischen Kontinents einander angenähert und neue Wirtschafts- und Informationsräume geschaffen. Dieser transkontinentale Konvergenzprozess als Ausgangspunkt einer "Gemeinschaft der Europäer" steht einer entgegengesetzten Entwicklung gegenüber, dem Erstarken nationaler Bewegungen und der Gründung sogenannter "Nationalstaaten" in Ostmittel- und Südosteuropa nach 1918 sowie der damit verbundenen Verschärfung der Minderheitenproblematik. Es ist in diesem Sinne ein auf den ersten Blick in sich widersprüchlicher Wandel der europäischen Gesellschaften zu beobachten zwischen Annäherung auf transnationaler Ebene und Rückzug ins Nationale.

Inserat

Präsentation

Nationalgesellschaften agieren nicht im geschlossenen Raum. Die Verbreitung neuer Kommunikations- und Transportmittel im 19. Jahrhundert hat entfernte Regionen des europäischen Kontinents einander angenähert und neue Wirtschafts- und Informationsräume geschaffen. Dieser transkontinentale Konvergenzprozess als Ausgangspunkt einer »Gemeinschaft der Europäer« steht einer entgegengesetzten Entwicklung gegenüber, dem Erstarken nationaler Bewegungen und der Gründung sogenannter »Nationalstaaten« in Ostmittel- und Südosteuropa nach 1918 sowie der damit verbundenen Verschärfung der Minderheitenproblematik. Es ist in diesem Sinne ein auf den ersten Blick in sich widersprüchlicher Wandel der europäischen Gesellschaften zu beobachten zwischen Annäherung auf transnationaler Ebene und Rückzug ins Nationale. Die Kriege und Bürgerkriege ließen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine Region in Europa unberührt. Sie lösten umfangreiche Migrationen aus. Die Trennung nach sprachlich-ethnischen Gruppen, zwischen »Einheimischen« und »Zugewanderten«, oder zwischen Anhängern verschiedener politischer Richtungen gewann zunehmend an Gewicht. Für den Austausch von Informationen und Ideen jenseits dieser Trennungslinien, Ländergrenzen und Frontverläufe sorgten vor allem jene Personenkreise und Netzwerke, die traditionell die Pflege grenzüberschreitender und transnationaler Verbindungen betrieben: Journalisten, Exilanten, Flüchtlinge, Migranten, Politiker und Geschäftsleute, Diplomaten und Künstler.

Im Zentrum der Tagung steht die Frage nach Europäisierungsprozessen in Kriegszeiten, begünstigt etwa durch die Zirkulation von Informationen und Ideen zwischen den verschiedenen Kriegsschauplätzen sowie ihrem Einfluss auf Politik und Gesellschaft. Welche Auswirkungen hatten Informationen über Geschehnisse an einem Kriegsschauplatz auf das Verhalten der Bevölkerung an einem anderen? So hatte während des Zweiten Weltkriegs die Berichterstattung über die Vorgänge in Polen seit September 1939 zweifellos einen großen Einfluss auf das Fluchtverhalten der belgischen und französischen Bevölkerung nach der deutschen Invasion im Mai/Juni 1940. Auf die gleiche Weise beeinflussten Informationen über die Erfolge des jugoslawischen Aufstands im September 1941 den Zulauf zu Widerstandsbewegungen in anderen besetzten Ländern. Über welche Kanäle zirkulierten diese Informationen, wie wurden offizielle Beschränkungen und Zensur umgangen? Auch stellt sich die Frage nach der Rolle von Einwanderern: Wie wurde beispielsweise während des Ersten Weltkriegs mit den Migrationsströmen, die vor 1914 nach Westeuropa gelangten, umgegangen? Welche Behandlung erfuhren diese Immigranten während des Krieges zwischen Exil, militärischem Engagement, Zwangsarbeit bzw. Internierung? Schufen sie Verbindungen ins andere Lager bzw. zu ihren Herkunftsregionen? Weitere Beispiele sind Netzwerke der feministischen Bewegung, die sich im Frühling 1915 zum internationalen Kongress in Den Haag mit 1200 Delegierten versammelte und den Internationalen Ausschuss für dauerhaften Frieden gründete; oder jene der sozialistischen Bewegung, die 1915 und 1916 in Zimmerwald und Kiental neu belebt wurden. Welche Bedeutung hatten schließlich neutrale Staaten für diesen Informations- und Ideenaustausch? Die Fragestellung der Tagung berührt nicht nur den Einfluss dieser transnationalen Verbindungen auf den Kriegsverlauf selbst, sondern auch auf die Entwicklung politischer Regime, beispielsweise von Besatzungsregimen, infolge der Zirkulation von Ideen innerhalb von Besatzungseliten über Strategien und Praktiken zur »Befriedung« eines Raumes, zur Kollaboration, zur Propaganda, aber auch zur Ausbeutung eines Gebietes oder zur Bekämpfung von Widerstand.
Entsprechende Beobachtungen lassen sich nicht nur für die beiden Weltkriege anstellen, sondern auch für andere Kriege auf dem europäischen Kontinent von 1900 bis 1950, wie beispielsweise die Balkankriege, die Konflikte nach dem Ersten Weltkrieg in Ostmitteleuropa oder den Spanischen Bürgerkrieg. Ziel der Tagung ist es, die meist über nationale Parameter erfolgende Darstellung von europäischen Gesellschaften im Krieg durch das Aufzeigen transnationaler Zusammenhänge und Perspektiven zu erweitern.
Die Tagung versteht sich als Fortsetzung der Tagung »War and population movements. A cross examination of Europe in the 19th and 20th century«, die im April 2015 am Deutschen Historischen Institut Paris in Zusammenarbeit mit dem LabEx EHNE stattfinden wird.

Themen

Die Panels der Tagung gliedern sich wie folgt:

  • Informations- und Nachrichtenflüsse (via Presse, überstaatliche Organisationen wie das Rote Kreuz,Kirchen etc.)
  • Bevölkerung und Migration (Aufnahme, Zurückweisung, Freund-Feind-Schema)
  • wirtschaftliche und finanzielle Kooperation
  • Widerstand und Exil
  • militärische Präsenz und Besatzung (Kollaboration, Repression, Ausbeutung, private Kontakte etc.)
  • Netzwerke (Politiker, Intellektuelle, Künstler etc.).

Vortragsvorschläge 

Vorschläge (eine Seite, dazu ein Lebenslauf) werden bis zum

23. März 2015

in Form einer PDF-Datei (in französischer, englischer oder deutscher Sprache) erbeten an: blambauer@hotmail.com

Organisation

Barbara Lambauer und Christian Wenkel

Wissenschaftlicher Beirat

  • Alya Aglan,
  • Bettina Barboutie-Severin,
  • Robert Frank,
  • Jean-Michel Guieu,
  • Barbara Lambauer,
  • Stefan Martens,
  • Christian Wenkel
  • Arndt Weinrich.

Orte

  • Institut historique allemand | Maison de la recherche
    Paris, Frankreich (75003 | 75007)

Daten

  • lundi, 23. mars 2015

Schlüsselwörter

  • guerres, expérience, Europe, transfert, flux, circulation, politique, échanges, militaire, exil, réseaux, mobilité

Kontakt

  • Barbara Lambauer
    courriel : blambauer [at] hotmail [dot] com

Informationsquelle

  • Barbara Lambauer
    courriel : blambauer [at] hotmail [dot] com

Zitierhinweise

« Krieg und europäische Erfahrungen: Konvergenzen, Transferts und Öffentlichkeiten (1900–1950) », Beitragsaufruf, Calenda, Veröffentlicht am mercredi, 28. janvier 2015, https://calenda-formation.labocleo.org/316263

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