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Adorno en France

Adorno in France

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Veröffentlicht am lundi, 18. juin 2018

Zusammenfassung

Les études adorniennes connaissent actuellement dans le domaine francophone un intérêt croissant, mais s’il est vrai que la pensée d’Adorno a été reçue tardivement en France, et de manière parcellaire – en distinguant notamment ses travaux de sociologie, d’esthétique et de philosophie –, il serait inexact de considérer qu’elle ait été complètement ignorée de son vivant. Ses liens avec plusieurs revues françaises telles que Diogène, Mercure de France, Preuves, Communications et Arguments ainsi qu'avec des personnalités comme Edgar Morin, Kostas Axelos, Lucien Goldmann et d’autres, montrent qu’il a en réalité innervé certaines tendances de la pensée française dès les années 1950.

Inserat

Präsentation des Tages

Die Adorno-Forschung findet derzeit wachsendes Interesse im französischsprachigen Raum. Zwar wurde Adornos Denken in Frankreich spät und immer stückweise rezipiert, wobei vor allem seine Arbeiten zur Soziologie, Ästhetik und Philosophie herauszuheben sind, aber es wäre doch verfehlt zu glauben, dass es zu seinen Lebzeiten völlig übergangen worden wäre. Seine Beziehungen zu verschiedenen französischen Zeitschriften wie Diogène, Mercure de France, Preuves, Communications und Arguments sowie zu Gelehrten wie Edgar Morin, Kostas Axelos, Lucien Goldmann und anderen bezeugen, dass er in der Tat bestimmte Tendenzen des französischen Denkens bereits seit den 1950er Jahren stimuliert hat. Überdies legen seine Auftritte in der Sorbonne 1958 und im Collège de France 1961 Zeugnis ab von seiner Auseinandersetzung mit den intellektuellen Kreisen Frankreichs und insbesondere mit der Bedeutung der Heidegger’schen Philosophie für sie, mit einem Denken also, das sich ja als so entscheidend für die geistige Entwicklung des Frankfurter Philosophen und für die Erarbeitung der Negativen Dialektik erwiesen hat.

Der Austausch und Dialog, der sich zwischen Adorno und Frankreich entfaltete, ist freilich keineswegs auf eine einfache Rezeption beziehungsweise eine Aktualisierung seiner kritischen Theorie beschränkt. Die Praktiken, die in Frankreich in der mehr oder weniger konfliktgeladenen Kontinuität seiner Pariser Auftritte entstanden, entwickelten sich sehr rasch in ganz spezifische Richtungen  – man denke nur an die Fragment-Praxis in Arguments oder an die semio-anthropologische Faszination gegenüber der Kulturindustrie und der Massenkommunikation, wie sie sich um Intellektuelle wie Morin, Barthes und Friedmann in der Zeitschrift Communications herausbildete. Zwischen der Radikalisierung der Kritik an der Kulturindustrie in der Nachfolge der Adorno’schen Kritik und einer reformistischen Reaktion auf dieselbe, zeigen die Entwicklungen im französischen Denken eine ganze Reihe von Verwerfungen, die es ermöglichen, die Bedeutung des Dialogs mit der Frankfurter Philosophie und einer gewissen Taubheit ihr gegenüber richtig einzuschätzen.

Im Gegenzug bildet die Beziehung, die sich allmählich zwischen dem deutschen Philosophen und Paris geknüpft hat – einer Stadt übrigens, die er als unbedeutend im derzeitigen industriellen und rationellen Entwicklungsprozess der modernen Gesellschaft ansah – , ein Schlüsselelement  seines Denkens und Werkes und stellt gewissermaßen einen Raum bereit, der kritischen Abstand und philosophische Reflexion fördert. Praktisch jede seiner Auslandsreisen führt über Paris, wo er in der Tat eine Form intellektuell heiterer Gelassenheit und geistiger Obhut für das „staatenlose“ Denken zu seinen Minima Moralia vorfindet. Adornos Pariser Aufenthalte schreiben sich in sehr verschiedenartige sozio-politische Kontexte ein und müssen in ihrer je eigenen Besonderheit gesehen werden, und zwar als Verbindungen eines selbst in Bewegung befindlichen Denkens zu einer jeweils anders sich darbietenden historischen und geografischen Situation. Wie also soll die Chronologie des Adorno’schen Werkes im Lichte der verschiedenen Pariser Aufenthalte und unter Berücksichtigung der jeweiligen Pariser Gesprächspartner, die seine theoretischen Ansichten und Interessen geprägt haben, neu überdacht werden? Inwieweit beeinflussten bestimmte Kontakte – wie etwa zu Jean Wahl und Georges Bataille 1937, zu Michel Leiris und René Leibowitz 1951 oder auch zu Samuel Beckett 1958 – möglicherweise sein Denken oder bezeugen im Gegenteil die Alterität beziehungsweise Isolation der französischen Kunstszene im Verhältnis zur deutschen Philosophie? So befragt, könnten vielleicht die Pariser Aufenthalte die bisweilen widersprüchlichen Verwerfungen, Umschwünge, Unsicherheiten und die intellektuellen Interessen Adornos neu beleuchten. Paris bleibt für ihn außerordentlich wichtig, weil ja dort die zwiespältigste und auch originellste Rezeption der deutschen Philosophie stattfand, von Hegel bis Heidegger über Marx, Schopenhauer und Nietzsche, also all der Denker, mit denen die Frankfurter kritische Theorie in Diskussion und Widerspruch steht. Die Vorträge im Collège de France stellen eine echte Phase der Vorbereitung, des Ausprobierens und des Gegeneinanderhaltens der Grundideen der Negativen Dialektik dar, zumal ja die drei in französischer Sprache gehaltenen Vorträge die jeweilige Basis mehrerer Teile dieses Adorno’schen Hauptwerks bilden.

All diese verschiedenen Aspekte des Verhältnisses zwischen Adorno und Frankreich wollen wir vertiefen und dabei seine Rezeption zu Lebzeiten genauer erforschen, das heißt seine Pariser Auftritte und seine beruflichen und persönlichen Beziehungen zu den französischen Intellektuellen in den 1950er und 1960er Jahren; aber darüberhinaus soll auch seine posthume Rezeption untersucht werden. Wir schlagen folglich vor, im Rahmen dieser Studientage die Reflexion in zwei Hauptrichtungen zu lenken:

  • Eine erste Fragestellung richtet sich auf die Art und Weise, wie die französische Intellektuellenszene sich im Verhältnis beziehungsweise in Reaktion oder gar Gleichgültigkeit gegenüber der sich intensivierenden Rezeption Adornos in Frankreich entwickelt, und zwar von der Masseninformation und kommunikation über die Praktiken des Nouveau Roman bis hin zur strukturalen Semiologie. Inwieweit sind seine Auftritte, die Übersetzungen seiner Schriften und die Kommentare zu seinem Werk Antrieb beziehungsweise Hemmschuh der jeweiligen intellektuellen Strömungen in Frankreich gewesen?
  • Im direkten Anschluss an diese Fragestellung sollten die französischen Auftritte Adornos unseres Erachtens zugleich als in sich abgeschlossene Denkprozesse und als Neuanstöße zu einem dynamischen dialektischen Denken reflektiert werden. Daher gilt es, seine und die von ihm beeinflussten intellektuellen Arbeiten unter zweierlei Gesichtspunkten zu untersuchen: einerseits durch die Erforschung der Abhandlungen in ihrer je eigenen kontextuellen, philosophischen, raum-zeitlichen Singularität und andererseits durch ihre jeweilige Verortung im weiteren Raum der philosophischen Entwicklung, wobei sämtliche konkrete Praktiken des Diskurses, des Verhältnisses zum publizierten Werk, des formlosen Austauschs und der öffentlichen Rede mit einbezogen werden sollten, um zum Verständnis für die Bedeutung der deutsch-französischen Dialoge für Adornos Werk zu gelangen.

Orte

  • Université Paris Nanterre, Bâtiment Weber, salle de séminaire 1 - 200 avenue de la République
    Nanterre, Frankreich (92)

Daten

  • jeudi, 21. juin 2018
  • vendredi, 22. juin 2018

Schlüsselwörter

  • Adorno

Kontakt

  • Thomas Franck
    courriel : thomas [dot] franck [at] uliege [dot] be

Informationsquelle

  • Thomas Franck
    courriel : thomas [dot] franck [at] uliege [dot] be

Zitierhinweise

« Adorno en France », Kolloquium , Calenda, Veröffentlicht am lundi, 18. juin 2018, https://calenda-formation.labocleo.org/445506

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