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Anthropologisches Wissen und Machtverhältnisse

Savoirs anthropologiques et rapports de pouvoir

Anthropological Knowledge Production and Power Relations

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Veröffentlicht am vendredi, 29. janvier 2021

Zusammenfassung

En anthropologie, la relation complexe entre savoir et pouvoir est questionnée depuis plusieurs décennies, en particulier par des voix « subalternisées » – celles, par exemple, des féministes, celles des personnes altérisées et/ou racisées, ou celles des autochtones. Si ces voix ont contribué à des réorientations épistémologiques, la nécessité de décoloniser tant le savoir anthropologique que son enseignement et ses objets reste un chantier ouvert. Comme le soulignent Escobar et Restrepo : « les anthropologies hégémoniques non seulement disqualifient, au profit de prétentions disciplinaires, les savoirs soumis et subalternes de la population étudiée par l’anthropologue, mais de plus elles opèrent une série de distinctions qui instituent ce qui est “pensable” » (2010, p. 87) et ce qui ne l’est pas. Au-delà de repenser à qui inclure autour de la table, il s’agit de questionner « ce qui figure au menu » (Bilge, 2020), c’est-à-dire qu’il ne suffit pas d’intégrer des personnes subalternisées dans les équipes, mais bien de modifier en profondeur les critères de ce qui fait que quelque chose devient « bon à penser » en recherche et ce qui définit son intérêt.

Inserat

Guest editors

Anne Lavanchy und Frédérique Leresche

Präsentation

Die komplexe Beziehung zwischen Wissen und Macht ist seit mehreren Jahrzehnten Thema sozialanthropologischer Auseinandersetzungen. Insbesondere „subalternisierte“ Menschen, wie zum Beispiel Feministinnen, rassifizierte Menschen oder Indigene haben immer wieder auf die Notwendigkeit einer kritischen Hinterfragung dieser Beziehung hingewiesen. Während diese Stimmen zu erkenntnistheoretischen Neuorientierungen beigetragen haben, bleibt die Dekolonisierung des anthropologischen Wissens, der Lehre und der „Objekte“ dieser Disziplin eine wichtige Herausforderung. Wie von Escobar und Restrepo argumentiert, disqualifizieren hegemoniale Anthropologien das Wissen der von Anthropolog*innen studierten Gruppierungen zugunsten disziplinärer Ansprüche, und sie treffen eine Reihe von Unterscheidungen, die festlegen, was ein „denkbares“ Objekt ist, und was nicht (2010, 87). Es geht nicht nur darum, zu überdenken, wer mit am Tisch sitzt, sondern auch darüber zu reflektieren, was „auf der Speisekarte steht“ (Bilge, 2020). Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, subalternisierte Menschen in Wissenschaftsteams miteinzubeziehen, sondern wir müssen kritisch hinterfragen, was überhaupt erst zum Forschungsobjekt gemacht wird.

Die Fokussierung auf die Artikulation zwischen Wissen und Macht soll es uns ermöglichen,verschiedene Formen von Herrschaft besser zu verstehen und zeigt plurale Möglichkeiten auf, auf Macht zu reagieren. Viele methodologische und erkenntnistheoretische Erkenntnisse und Überlegungen in der

Anthropologie basieren auf untersuchtem Wissen, welches von Menschen in marginalisierten Situationen und Positionen produziert wurde (Sarker, 2015) und welches, aus diesem Grund, oft ignoriert oder aberkannt wird. Die Fokussierung auf die emische Dimension von Herrschaft alleine wertet das „Minoritätswissen“ jedoch nicht automatisch auf, da Letzteres, „um theoretische und akademische Würde zu erlangen, vom Stigma der Militanz befreit werden muss und daher von jenen losgelöst werden muss, die seine Stimme in erster Instanz trugen“ (Bentouhami-Molino, 2017, 101). Eine der größten Herausforderungen besteht dann darin, die Orte der Wissensproduktion aus einer epistemologischen Perspektive zu betrachten (Bentouhami-Molino, 2015; Grosfoguel, 2007), um ihren situierten Charakter hervorzuheben und ein besseres Verständnis dessen zu ermöglichen, was die Subjektivitäten ausmacht, deren Narrative diskreditiert werden.

Dieses Special Issue bezweckt das Verständnis der Zusammenhänge zwischen Wissen und Macht, wie es bereits von Rey (2008) thematisiert wurde, zu vertiefen, indem wir diese Zusammenhänge im Lichte aktueller Fragen diskutieren, die sich sowohl auf die untersuchten „Objekte“ als auch die Art und Weise diese zu verstehen, beziehen. Ziel ist es, die situierte Dimension des Wissens und Bedingungen der Wissensproduktion aufzuzeigen, sowie die Art und Weise, wie Individuen Machtverhältnisse in Frage stellen, akzeptieren und/oder unterlaufen. Das Special Issue will Beiträge zusammenbringen, die basierend auf spezifischen Beobachtungen beleuchten, wie Forschung durch Machtverhältnisse geprägt ist. Dies soll aus einer intersektionalen Perspektive geschehen, die u.a. die Verflechtung von Systemen von Geschlecht, Klasse, , Validismus, Alter berücksichtigt. Anhand empirischen Materials sollen die einzelnen Beiträge die Pluralität der Situationen und Positionierungen von Individuen als „Subjekte“ reflektieren.

Wir interessieren uns insbesondere für Beiträge, die eine oder mehrere der folgenden Fragestellungen aufgreifen:

  • Wer spricht für wen? Wer profitiert vom Wissen? Welche Formen der Verständlichkeit der Welt werden durch die Doxa legitimiert oder unsichtbar gemacht? Wir schlagen vor, hier auch Fragen der Terminologie und der Übersetzung zu berücksichtigen, im Einklang mit den Überlegungen zur Mobilität von Konzepten, zur Bedeutung ihres spezifischen Kontexts und zu den Fragen ihrer Universalisierung und kulturellen Aneignung.
  • Welche ethnographischen Praktiken machen die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Partner*innen im Feld sichtbar (Co-Writing, partizipative oder kollaborative Forschung etc.)? Und was sind die Grenzen solcher Ansätze? Wie äußert sich die Macht in den Spannungen, welche in Forschung und der Wissenschaft präsent sind?
  • Wie können wir die Verbindungen zwischen Macht und Wissen in einer Ära der sozialen Netzwerke, von Fake News, aber auch von Bewegungen, wie den in Lateinamerika entstandenen feministischen Performances oder denen der Gelbwesten, von Rebellion Extinction oder des Klimastreiks neu überdenken?
  • Auf welche Wertesysteme und Normen wird berufen, um der Auferlegung von Macht zu widerstehen, sie zu unterlaufen oder ihr entgegenzuwirken? Welche (moralischen) Bedeutungen liegen diesen Praktiken zugrunde? Hier geht es auch um die Frage, wie gewöhnliche Praktiken oder soziale Aktivitäten, die eine Verhandlung mit der Macht ermöglichen, interpretiert werden können, zum Beispiel das „Verbrechen der Solidarität“ oder die Gewissensverweigerung.
  • Wie prägen der Publikationszwang, die Klassifizierung oder die prekären Arbeitsbedingungen von Forschenden das Wissen, welches produziert wird? Welche Lösungen oder Initiativen werden von akademischen und nicht-akademischen Akteur*innen gleichermaßen vorgeschlagen, um die Zusammenhänge von Wissen und Macht neu zu überdenken?

Einreichung

Wir bitten um die Einsendung von Abstracts (max. 2000 Zeichen) an: anne.lavanchy@hesge.ch, Frederique.Leresche@etu.unige.ch, info@tsantsa.ch.

Zeitplan für die Veröffentlichung:

  • Abstracts: 18. Februar 2021

  • Vollständige Artikel: Juni 2021
  • Veröffentlichung: Juni 2022

Literatur

Bentouhami-Molino, H. (2015). Race, cultures et identités. Une approche féministe postcoloniale. Puf.

Bentouhami-Molino, H. (2017). Audre Lorde, la poésie n’est pas un luxe. Lilith.

Bilge, S. (2020). We’ve joined the table but we’re still on the menu. Routledge International Handbook of Contemporary Racisms, 317‑331.

Escobar, A., & Restrepo, E. (2010). Anthropologies hégémoniques et colonialité. Cahiers des Amériques latines, 62. https://doi.org/10.4000/cal.1550

Grosfoguel, R. (2007). The Epistemic Decolonial Turn. Cultural Studies, 21(2‑3), 211‑223. https://doi.org/10.1080/09502380601162514

Rey, S. (2008). Machtverhältnisse / Rapports de pouvoir, Editorial, Tsantsa, Volume 13, pp. 18-24 Sarker, S. (2015). Subalternity In and Out of Time, In and Out of History. In D. Kreps (Éd.), Gramsci and Foucault: A Reassessment (p. 91‑110). Ashgate.

 

Kategorien


Daten

  • jeudi, 18. février 2021

Schlüsselwörter

  • rapport de pouvoir, production du savoir, épistémologie subalterne, subversion

Kontakt

  • Anne Lavanchy
    courriel : anne [dot] lavanchy [at] hesge [dot] ch
  • Frédérique Leresche
    courriel : frederique [dot] leresche [at] unige [dot] ch

Informationsquelle

  • Anne Lavanchy
    courriel : anne [dot] lavanchy [at] hesge [dot] ch

Zitierhinweise

« Anthropologisches Wissen und Machtverhältnisse », Beitragsaufruf, Calenda, Veröffentlicht am vendredi, 29. janvier 2021, https://calenda-formation.labocleo.org/836925

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