StartseiteReich der Schriften und Tiger aus Pergament

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Reich der Schriften und Tiger aus Pergament

Empire des lettres et tigres de parchemin

Empire of letters and Tigers of parchment

El imperio de las letras y tigres de pergamino

International Medieval Congress

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Veröffentlicht am lundi, 02. septembre 2013

Zusammenfassung

Schrift ist kein neutrales Medium. Während des ganzen Mittelalters dienten die Schriften  u.a. der Inszenierung des Begriffes von „Reich“, Macht und Herrschaft. Die Schrift vermag also, Autorität und Reich zu konnotieren, und Ehrfurcht zu erregen. Das Schrifttum darf aber auch als eine geschlossene Welt, als ein „Reich der Schriften“ mit innerer Kohärenz und mit eigener Geschichte betrachtet werden. Beide Dimensionen des Reiches der Schriften werden in den von Apices und Cap Digital gesponsorten Sessions im Rahmen des International Medieval Congress 2014 in Leeds ehandelt.

Inserat

Präsentation

Schrift ist kein neutrales Medium. Während des ganzen Mittelalters dienten die Schriften  u.a. der Inszenierung des Begriffes von „Reich“, Macht und Herrschaft. Typische Beispiele sind die spätantiken Litterae caelestes, die römisch-päpstliche Kurialis, die litterae elongatae. Der Begriff des „Reiches“ lässt sich aber auf paläographischer Ebene nicht mit den pragmatischen Schriften begrenzen, wie es die von Hildegard von Bingen für ihre lingua ignota erfundene prophetische, den göttlichen Himmelreich konnotierende Schrift oder die humanistische Schrift beweisen. Die letzte kursierte im Mittelalter unter dem Namen littera antiqua und hatte den Anspruch, die Schrift der Antike für die klassische lateinische Literatur, und, als solche, auch eine verschwundene Form des Reiches wiederzubeleben. Die Schrift vermag also, Autorität und Reich zu konnotieren, und Ehrfurcht zu erregen.

Deshalb werden diese Sessions sowohl unter dem Namen von E. T. Bannetts Studie über Schreib-Handbücher „Empire of letters“ (Reich der Schriften), in der gezeigt wird, wie Schriften einen Reich vereinigten, gesetzt, als auch unter dem Zeichen der an der Paläographie angewandten politischen Ironie der „Tiger aus Papier“, hier „Tiger aus Pergament“, da Schriftstücke vermögen, durch Layout und graphische Merkmale Verehrung und Ehrfurcht zu erwecken.

Wenn die karolingische Minuskel ein hervorragendes Symbol eines politischen und kulturellen Unternehmen ist, jedoch zeigt sie auch, wie komplex die Beziehung zwischen Reich und Schrift ist. Karl der Große hat einen politischen Raum vereinigt und ihm mit einer gemeinsamen Schrift versehen. Indes hat er ein Reich durch die Schrift vereinigt (die karolingische Minuskel schloss allmählich die früheren, sog. ‚nationalen‘ Schriften, wie die langobardische Beneventana, bzw. andere aus dem antiken Reich abgeleiteten Schriften wie die Kurialis, aus), aber er hat auch das Reich der Schriften vereinigt, da die karolingische Minuskel sowohl als Buch- wie als Urkundenschrift den Vorrang erringt. Jedoch ist die karolingische Minuskel keine kaiserliche Erfindung: sie hat sich vor der renovatio imperii entwickelt und wurde durch die Auswahl einiger Formen aus der damaligen blühenden Vielfalt gekennzeichnet, während die weiteren kaiserlichen bzw. Reichsschriften (litterae caelestes, curiales, elongatae) fossilisierte Erbe glorreichen, aber vergangenen Zeiten blieben. Es sind nicht nur archaisierende Schriften, sie konnotieren die Autorität des Reiches.

Das Schrifttum darf auch als eine geschlossene Welt, als ein „Reich der Schriften“ mit innerer Kohärenz und mit eigener Geschichte betrachtet werden. Die Plakate der Schreibermeister, die Schrift-vorbilder und –handbücher, die gattungsspezifischen Schriften (z.B. „gothic liturgical book script“, Schriften der Reichskanzlei), der Einfluss der als „kaiserlich“ ausgestellten bzw. rezipierten Schriften oder die Konsequenzen politischer Ansprüche (in Frankreich, die Erfindung der „mixte“ an der königlichen Kanzlei erscheint zeitgleich mit dem Motto „Der König ist Kaiser in seinem Königreich“): all dies spiegelt einen spezifischen ‚imperium‘-Begriff wider.

Beide Dimensionen des Reiches der Schriften, nämlich die (Kaiser)Reichs-Anspielung durch die Schriften und die Herrschaft über Schriften und Schriftformen sind für diesen Call for Papers relevant.

Die 20-Minuten langen Vorträge können u.a. folgende Themen behandeln:

  • Typologie des Reiches und der damit verbundenen Schriten : Archaismus, Kanonisierungsprozesse, Formalisierung ;
  • Vielfalt der Alphabete, Vielfalt der Reiche (Wahrnehmung nicht-lateinischer Schriften, imaginäre Schriften als Herrschaftszeichen);
  • Einfluss der als „kaiserlich“ ausgestellten bzw. rezipierten Schriften (Nachahmung, Widerstand, Erfindungen);
  • Frühmoderne und moderne Nachwirkung der mittelalterlichen Begriffe und Praxis des Reiches der Schriften;
  • Schreibmeisterplakate, Handbücher, Vorbilder.

Vortragsvorschläge

Die Abstracts sollten einen Umfang von 250 Wörtern nicht überschreiten.

Die Abstracts sollten zu dominique.stutzmann@irht.cnrs.fr oder vincent.debiais@univ-poitiers.fr gesendet werden.

Deadline : 20. September 2013


Daten

  • vendredi, 20. septembre 2013

Schlüsselwörter

  • paléographie, politique, écriture, empire

Kontakt

  • Dominique Stutzmann
    courriel : dominique [dot] stutzmann [at] irht [dot] cnrs [dot] fr
  • Vincent Debiais
    courriel : vincent [dot] debiais [at] ehess [dot] fr

Informationsquelle

  • Dominique Stutzmann
    courriel : dominique [dot] stutzmann [at] irht [dot] cnrs [dot] fr

Zitierhinweise

« Reich der Schriften und Tiger aus Pergament », Beitragsaufruf, Calenda, Veröffentlicht am lundi, 02. septembre 2013, https://calenda-formation.labocleo.org/257678

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