Es hat bislang nur wenige Untersuchungen gegeben, die der Beziehung zwischen Nietzsche und dem französischen Existenzialismus nachgehen. Das Symposium will diese Forschungslücke schließen unter Einbeziehung aller relevanten Disziplinen (Philosophie, Literaturwissenschaft, Ideengeschichte …). Beiträge können sich etwa mit biographischen Aspekten beschäftigen (Inwieweit haben die französischen Existenzialisten Nietzsche wirklich gelesen?), mit philosophischen Vergleichen oder auch mit Fragen, die die systematische Aktualität der zur Diskussion stehenden Thesen und Themen betreffen. Wir bemühen uns um die Abdeckung der Reise- und Übernachtungskosten für die Referenten, können sie jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht garantieren.

Our symposium therefore aims to close this research gap by including all relevant disciplines (philosophy, literary studies, history of ideas ...). Contributions can deal with biographical aspects of the subject (to what extent did the French existentialists really read Nietzsche?), comparisons of the respective philosophies, or with questions pertaining to the topicality of the theses and matters discussed. We endeavor to cover the travel and accommodation costs for the speakers, but cannot guarantee them at the present time.

Internationales Symposium im Nietzsche-Dokumentationszentrum in Naumburg vom 31. 7. bis 2. 8. 2020

Präsentation

Eine gemeinsame Veranstaltung der Sartre-Gesellschaft, der Friedrich Nietzsche Stiftung, der Nietzsche-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für französischsprachige Philosophie.

Nietzsche als Vordenker des französischen Existenzialismus zu betrachten, ist angesichts der relativ wenigen expliziten Verweise auf ihn in den Werken zumindest Jean-Paul Sartres und Simone de Beauvoirs keine Selbstverständlichkeit. Dennoch ist die systematische Nähe zwischen den Themen des Existenzialismus und denjenigen Nietzsches offenkundig: Wie auch die Existenzialisten diagnostiziert Nietzsche eine grundsätzliche Sinnlosigkeit der Welt, stellt das Individuum in den Mittelpunkt seines Denkens, interessiert sich für die psychologische und vor allem auch die physiologische Seite seiner Existenz, kritisiert einseitige Weltzugänge, die der Vielfalt der Wirklichkeit nicht gerecht werden. Wie Nietzsche experimentieren auch die Existenzialisten oft mit Schreibformen zwischen Literatur und Philosophie und versuchen, das philosophische Vokabular durch einen kreativen Umgang mit der Sprache zu erweitern.

Die Nietzsche-Rezeption des französischen Existenzialismus ist dabei nicht nur von Interesse, weil in ihr philosophische Fragen eine Rolle spielen, die bis heute virulent sind, sondern auch, weil sie einen interessanten Sonderweg von Nietzsches Aneignungsgeschichte darstellt, der sich sowohl von der postmodernistischen Linie der Nietzsche-Rezeption als auch von der Nietzsche-Aneignung im deutschsprachigen Raum beispielsweise durch  die Frankfurter Schule deutlich unterscheidet. Insbesondere Nietzsches Individualismus wird vom französischen Existenzialismus ins Zentrum des Interesses gerückt.

Von besonderer Relevanz ist dabei die Untersuchung der Nietzsche-Aneignung des französischen Existenzialismus hinsichtlich der immer wieder diskutierten Frage nach der politischen Wirkung von Nietzsches Denken. Jüngere Studien haben darauf aufmerksam gemacht, dass Beauvoirs Feminismus einige nietzscheanische Impulse aufgreift, dasselbe gilt für Frantz Fanons Rassismuskritik. In Albert Camus’ wichtigem Beitrag zur Philosophie politischer Dissidenz, L’Homme révolté (1951), wird Nietzsche zwar scharf kritisiert, zugleich liegt jedoch der Eindruck nahe, dass Camus gerade in seiner Ablehnung Nietzsche dem Geiste nach verbunden bleibt. Dasselbe gilt möglicherweise auch für Jean Amérys Kritik an Nietzsches Ressentimentkritik im Zuge seiner Erfahrung als Überlebender der Schoah.

Es hat bislang nur wenige Untersuchungen gegeben, die der Beziehung zwischen Nietzsche und dem französischen Existenzialismus nachgehen. Das Symposium will diese Forschungslücke schließen unter Einbeziehung aller relevanten Disziplinen (Philosophie, Literaturwissenschaft, Ideengeschichte …). Beiträge können sich etwa mit biographischen Aspekten beschäftigen (Inwieweit haben die französischen Existenzialisten Nietzsche wirklich gelesen?), mit philosophischen Vergleichen oder auch mit Fragen, die die systematische Aktualität der zur Diskussion stehenden Thesen und Themen betreffen.

Wir bemühen uns um die Abdeckung der Reise- und Übernachtungskosten für die Referenten, können sie jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht garantieren.

Vortragsvorschläge

Wir bitten um die Einsendung aussagekräftiger Abstracts in einer der Konferenzsprachen von maximal 300 Wörtern, begleitet von einer kurzen Angabe zur aktuellen institutionellen Verortung und akademischem Grad

bis zum 29. Februar 2020

an die Adresse paul.stephan[at]philosophie.uni-freiburg.de.

Wir freuen uns über interessante und relevante Einsendungen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aller Qualifikationsstufen.

Wissenschaftliche Leitung

• Paul Stephan (Freiburg/Hannover)
• Alfred Betschart (Chur)
• Andreas Urs Sommer (Freiburg)

Konferenzsprachen: Deutsch, Französisch und Englisch

International symposium at the Nietzsche-Dokumentationszentrum (Nietzsche Documentation Centre), Naumburg (Germany) 31. 7. - 2. 8. 2020

Presentation

A joint event of Sartre-Gesellschaft (Sartre Society), Friedrich Nietzsche Stiftung (Friedrich Nietzsche Foundation), Nietzsche-Gesellschaft (Nietzsche Society), and Deutsche Gesellschaft für französischsprachige Philosophie (German Society for Francophone Philosophy).

It is not self-evident that Nietzsche should be considered a pioneer of French existentialism given the dearth of explicit references to him in the works of (among others) Jean-Paul Sartre and Simone de Beauvoir. Nevertheless, the systematic proximity between the topics of existentialism and those that preoccupied Nietzsche is striking: Like the existentialists, Nietzsche grapples with the fundamental meaninglessness of the world, places the individual at the center of his thinking, is interested in the psychological and above all the physiological side of its existence, and criticizes one-sided approaches to the world that do not do justice to the diversity of reality. Like Nietzsche, the existentialists often experiment with forms of writing between literature and philosophy and try to broaden the philosophical vocabulary through a creative use of language.

The reception of Nietzsche’s thought by French existentialism is of interest not only because it involves philosophical questions that remain vital to this day, but also because it represents an interesting and particular case in the history of appropriations of Nietzsche’s thought. It is clearly distinct both from the postmodernist line of his reception as well as from the appropriation of this thought within the German-speaking world, for example by the Frankfurt School. In particular, Nietzsche’s individualism became a center of interest for French existentialism.

Of specific interest here is the appropriation of Nietzsche’s thought by French existentialism with regard to the oft-discussed question of its political impact. Recent studies have drawn attention to the fact that Beauvoir’s feminism takes up some Nietzschean impulses, as does Frantz Fanon’s criticism of racism. In Albert Camus’ important contribution to the philosophy of political dissidence, L’Homme révolté (1951), Nietzsche is sharply criticized, but it is obvious that it is precisely in this rejection that Camus remains connected to Nietzsche’s spirit. The same may also apply to Jean Améry’s criticism of Nietzsche’s criticism of resentment in the light of his experience as a survivor of the Shoah.

Few studies have specifically investigated the relationship between Nietzsche and French existentialism. Our symposium therefore aims to close this research gap by including all relevant disciplines (philosophy, literary studies, history of ideas ...). Contributions can deal with biographical aspects of the subject (to what extent did the French existentialists really read Nietzsche?), comparisons of the respective philosophies, or with questions pertaining to the topicality of the theses and matters discussed.

We endeavor to cover the travel and accommodation costs for the speakers, but cannot guarantee them at the present time.

Submission Guidelines

We kindly invite abstracts in one of the conference languages of up to 300 words, accompanied by a brief description of the proposer’s current institutional location and academic rank, to the address paul.stephan[at]philosophie.uni-freiburg.de

by February 29, 2020

Organizing committee

• Paul Stephan (Freiburg/Hannover)
• Alfred Betschart (Chur)
• Andreas Urs Sommer (Freiburg)

Languages: German, French, and English

We look forward to interesting and relevant submissions from scholars of all qualification levels.